Eine der seltenen Führungen in dieser Saison gelang zwar diesmal, und dennoch verloren wir das Derby: Beim KSV Hessen Kassel spielten wir eine engagierte erste Hälfte, kassierten dann einen Nackenschlag und obendrauf gab es noch den Lucky Punch für die Löwen, die mit dem 2:1 (1:1) über drei Punkte jubeln durften.
Eine der Kasseler Identifikationsfiguren – die nicht oft trifft – entschied das Derby vor über 2500 Zuschauern spät: Nach einem Freistoß aus dem Mittelfeld, den die Löwen kurz ausspielten, fiel ihm der zweite Ball vor die Füße. Und der 33-Jährige fackelte bei seinem Comeback nach überstandenen Rückenproblemen nicht lange und haute die Kugel ins Glück – 2:1, wir konnten in der Nachspielzeit nicht mehr zurückschlagen und waren selbst geschlagen. Dabei hatte hintenraus vieles auf ein Remis hingedeutet, was keinen so richtig weitergebracht hätte. „Das darf kurz vor Schluss natürlich niemals passieren, dass er so frei in der Box zum Abschluss kommt. Aber wir müssen auch vorher schon nicht das Foul machen, und dann mehr Druck auf den Flankengeber ausüben“, haderte Trainer Daniyel Cimen mit der Fehlerkette vor dem Tor: „Am Ende haben wir uns das heute selbst zuzuschreiben“.
Kassel hatte zu Beginn noch mehr mit sich selbst zu kämpfen und konnte den Schwung vom Sieg in Freiburg nicht auf den Platz bringen (obwohl der KSV es abergläubisch in den schwarzen Auswärtstrikots versuchte), während wir deutlich besser reinkamen. Cimen schickte die gleiche Startelf wie gegen Sandhausen (1:1), beim KSV gab es zwei Wechsel, dafür fehlte mit Girth der beste Torschütze (Muskelfaserriss). Einmal musste Keeper Duda eingreifen und hielt einen Fernschuss von Bravo Sanchez (11.), direkt danach setzte Breitfelder einen Kopfball nur knapp vorbei. Ansonsten hatten Kassels Offensivspieler einen schweren Stand, wir konnten aber mit dem Ballbesitz auch nicht brandgefährlich werden. Nach einer Ecke brannte es nochmal hinten kurz, dann gingen wir auf kuriose Weise in Führung: KSV-Keeper Weyand stürmte bei einem langen Ball auf Reinhard aus dem Tor, verlor den Ball, Reinhard blieb wach und legte für Tim Korzuschek ab, der aus der Distanz – und noch abgefälscht – ins leere Tor traf. Der Jubel war groß – bis zuletzt ärgerte sich Trainer Cimen noch über zu viele 0:1-Rückstände seiner Mannschaft.
Doch mindestens genauso bitter wie ein Rückstand waren dann die Zeitpunkte der Gegentore. Zunächst das 1:1: Linksverteidiger Tobias Boche nahm einen hohen Ball von Yannick Stark mit vollem Risiko volley und traf mit links ins lange Eck – es lief bereits die Nachspielzeit der ersten Hälfte. Zuvor vergab Reinhard nach Zucker-Vorarbeit von Korzuschek das 2:0 für uns (33.), dann hätte auch Bravo Sanchez schon eher für das 1:1 sorgen können (42.). Bis dato hatten wir die Flügelspieler der Nordhessen gut im Griff, doch im zweiten Durchgang waren die Uhren wieder auf Null gestellt.
Und Kassel kam druckvoll und offensiver ausgerichtet aus der Kabine. Wir hatten erstmal damit zu kämpfen, unter anderem stürmte fortan der gebürtige Fuldaer Phinees Bonianga auf der Außenbahn. KSV-Coach Klingbeil hatte an den richtigen Schrauben gedreht, die Löwen schnürten uns ein, verpassten aber die Führung. Wir stellten dann das Anlaufverhalten um und kam wieder besser ins Spiel, als Korzuschek einen klasse Kopfball setzte und Weyand noch besser und spektakulär parierte (58.). „Den hat er natürlich sensationell gehalten“, staunte Cimen.
Es wurde ein Duell auf Augenhöhe, in dem beide Coaches das Wechselkontingent ausschöpften. Während wir aber unter anderem aus den Standards zu wenig machten, führte ein solcher kurz vor Schluss zum Kasseler Sieg. Und der KSV bleibt damit nicht unbedingt der Lieblingsgegner der Osthessen. „Natürlich haben wir die Gegentore heute zu brutal bitteren Zeitpunkten bekommen. Aber man muss sagen, dass wir nach dem 1:0 nicht mehr so gut im Spiel waren und uns zu sehr auf das Verteidigen konzentriert haben. Das müssen wir uns heute ankreiden“.
Hessen Kassel: Weyand – Podolski (77. Najjar), Springfeld, Brill, Boche (68. Liesche Prieto) – Duah (46. Bonianga), Stark – Bravo Sanchez, Rupp, Ramaj (46. Böyükata) – Breitfelder (68. Plavcic).
SG Barockstadt: Duda – Habermehl, Grösch, Frey – Sarpei – Kraft (66. Iljazi), Pomnitz (80. Köhler), Korzuschek, Schmitt (80. Hillmann) – Reinhard (66. Göbel), Dittmann (74. Berger).
Schiedsrichter: Torben Huss (Beckingen)
Tore: 0:1 Tim Korzuschek (26.), 1:1 Tobias Boche (45.+1), 2:1 Frederic Brill (89.)
Zuschauer: 2593